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Annes Kampf - Anne Frank vs. Adolf Hitler


Blum & Rohm

Lesung
Sonntag 20.01.2019
Einlass: 15:00 Uhr
Start: 16:00 Uhr
Rezension

Ein Stück Geschichte in krassen Gegensätzen
Aufeinanderprallen zweier Menschenleben bei einer musikalischen Lesung: Anne Frank vs. Adolf Hitler
Von Marion Thomas
Schöneiche. Eine irre Idee: Da stehen zwei ganz nah beieinander, zwei, die sich nie begegnet sind und doch im Leben des anderen tiefe Einschnitte erzeugten. Auf einer Theaterbühne ist das möglich, so gesehen am vergangenen Sonntag in der Schöneicher Kulturgießerei. „Annes Kampf“ heißt das Stück, worin Originaltexte aus zwei weltbekannten Büchern aufeinanderprallen – das „Tagebuch“ der Anne Frank gegen „Mein Kampf“ von Adolf Hitler, junges Mädchen mit all seinen Träumen, Empfindungen und Hoffnungen gegen den Rassenwahn einer Bestie, dem Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Kabarettistin Marianne Blum und Schriftsteller Guido Rohm schlüpfen in die Rollen der Hauptfiguren und präsentieren deren Texte so packend, dass historische Realität lebendig wird. So erzählt Anne Frank mit weichem Ton und viel Feingefühl von alltäglichen Dingen wie den Bade-Gewohnheiten zweier Familien in einem Versteck, das sie nie verlassen durften. Im selben Atemzug ertönt die schnarrende Stimme des Diktators, der sich über die Unreinheit der Juden auslässt. Oder die Passage, worin Anne über erste zarte Liebesträume berichtet, um gleich darauf die harte Realität des hasserfüllten Judenbildes zu hören, worin der schwarzhaarige Judenjunge satanische Gelüste entwickelte. Dazu immer wieder Musik aus jener Zeit, gesungen von Marianne Blum: jiddische Lieder oder Gassenhauer mit Durchhalteparolen, aber auch „Die Moorsoldaten“, Wagners „Siegfried“ oder zum Schluss das nachdenklich stimmende „Wenn ich mir was wünschen dürfte / möchte ich etwas glücklich sein / aber wenn ich gar zu glücklich wär / hätt ich Heimweh nach dem Traurigsein“.
Bereits in der Pause entfachten sich Diskussionen um dieses Stück, das jeden berührte, egal, ob tief ergriffen oder emotional nicht erreicht. Gisela Fischer aus Schöneiche sagte: „Ich bin total bewegt von dem Kontrast der beiden. Da braucht es keine Kommentare. Es ist so krank, was er sagt, und dann diese weiche Art von ihr. An manchen Stellen sind mir die Tränen gekommen.“ Mit einer Bekannten diskutierte sie dann weiter und kam zu dem Schluss: „Hätte Hitler nicht Kunstmaler werden können, wie er es eigentlich wollte?“
Nach der Vorstellung stellten sich die beiden Künstler den Fragen und Meinungen des Publikums, und es entwickelte sich eine äußerst spannende Diskussion um die geschichtlichen Parallelen in der Gegenwart. „Fruchtbarer Boden ist wieder da“, sagten einige, aber was könne man dagegen tun? Andere fanden die Hasstiraden unerträglich lang: „Ich dachte vorhin nur, hör endlich auf damit!“, bekannte Henry Drozdzynski. Und nicht nur Gerd Großmann fragte sich, wie es sein konnte, dass „ein Irrer“ daherkäme, „unglaublichen Mist sagt und schreibt, aber ein ganzes Volk hinter sich bringt.“ Derlei Tendenzen gebe es heute wieder, oder warum erreiche Höcke und Co. so viele?
Schade, dass in Schöneiche nur etwa drei Dutzend Leute den Weg in die Kulturgießerei fanden, obwohl im Vorfeld auch alle weiterführenden Schulen der Region zu dieser außergewöhnlichen Geschichtsstunde eingeladen wurden.
Fotos: 
4 Marianne Blum unterbricht immer wieder ihre Rolle als Anne Frank und singt Liedern aus jener Zeit, beobachtet von Guido Rohm als Adolf Hitler
9 Marianne Blum als Anne Frank schreit: Wir werden ewig leben!
19 Nach der Aufführung stellen sich Marianne Blum und Guido Rohm Fragen und Meinungen des Publikums

Musikalische Lesung

Adolf Hitler wusste von Anne Frank nichts, sie von ihm sehr wohl.
Hitlers "Kampf" ist es, der die Geschichte der Anne Frank zeugt und beendet. Ende Februar, Anfang März 1945 stirbt sie im KZ Bergen-Belsen. Geblieben ist ihr Tagebuch.
An diesem Abend erleben Sie, wie die beiden Texte in einer scharf geschnittenen Lesung aufeinanderprallen. Grauen und Hoffnung, Bestie und junges Mädchen. Geschichte, die Geschichte mit höhnischem Gelächter erzeugt.
In einer Zeit, in der die Rechten wiedererstarken, ist es wichtig, den Kampf des kleinen Tagebuchs gegen den großen Diktator aufzuzeigen, um so einmal mehr ein Gespür und Gehör für die Feinheiten von Geschichte zu entwickeln.
Denn Geschichte besteht immer aus Geschichten. Und Geschichten bestehen aus Schicksalen.

Der Schriftsteller GUIDO ROHM und die Kabarettistin MARIANNE BLUM garantieren einen Abend, der bei aller Schwere des Sujets nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam ist, so wie auch Anne Franks Text nicht nur traurig, sondern auch leidenschaftlich und humorvoll und Hitlers Machwerk nicht nur beängstigend, sondern stellenweise geradezu unfreiwillig komisch ist.  Mit Respekt und Feingefühl nähern sich die beiden Künstler den Büchern und präsentieren sie so gekonnt und packend, dass dem Zuschauer die historische Realität lebendig wird.

Die Lesung wird musikalisch durch authentische jiddische Lieder, deutsche Schlager, Gassenhauer und Durchhaltelieder aus der Zeit ergänzt, die von MARIANNE BLUM live gesungen werden.

Das ist lebenspraller Geschichtsunterricht!

Mitwirkende: Marianne Blum (Anne Frank, Gesang, Ukulele), Guido Rohm (Adolf Hitler)
Redaktion: Annette Rohm
Foto: Christian Reinhardt


Blum & Rohm Website